Geriatrie

Gehstörungen und Stürze im Alter

 Ein Drittel aller Menschen über 65 Jahre stürzt mindestens 1x pro Jahr, die Hälfte davon sogar 2x bei den über 80 Jährigen steigt die jährliche Sturzquote über 50%.

In Krankenhäusern und Altenpflegeheimen liegt sie im Mittel bei 1,6 bzw. 1,4 Stürzen pro Bett und Jahr. Stürze führen zu Frakturen, Weichteilverletzungen zur Immobilisierung, Funktionsverlusten bis hin zur Pflegebedürftigkeit und oft genug wird eine Pflegeheimaufnahme nötig. Man schätzt das 4-6%  der Stürze zu Frakturen führen, ein Viertel davon sind hüftnahe Oberschenkelfrakturen, ( Schenkelhalsfrakturen und pertrochantäre Femurfrakturen ). Diese sind in ihren funktionellen Folgen besonders schwerwiegend.

Da die Knochen im Alter eine verminderte Stabilität haben und schneller brechen, gibt es in den alten Bundesländern pro Jahr 70.000 proximale Oberschenkelfrakturen.

Nach einem Jahr leben nur noch ca. 20% der Patienten die einen Sturz mit Hüftfraktur erlitten haben und nur 50% der Betroffenen gewinnen die frühere Selbständigkeit beim Gehen zurück. Ein Viertel der Patienten mit Schenkelhalsfraktur wird ein Jahr nach dem Sturz in einem Pflegeheim versorgt.

Bei einem Sturz mit Fraktur bricht nicht nur der Knochen, sondern auch das Selbstwertgefühl, die Zuversicht und die Aktivität. 40 bis 73% der Älteren, die zuvor gefallen sind berichten über Angst vor weiteren Stürzen, ca. 20% geben an, dass der Sturz ihr Leben grundlegend verändert hat.

Einige wichtige Fakten zum Problem der Gehstörungen und Sturzgefahr im Alter.

Unser Körper hat eine kleine Standfläche und sein Schwerpunkt liegt relativ hoch über dem Boden. In statistischer Hinsicht ist der menschliche Körper also eine wacklige Angelegenheit.

Bereits im Stehen sind ständige Korrekturen nötig, um die aufrechte Haltung zu bewahren.

Die kontrulierten, zielgerichteten Fortbewegungen unseres Körpers in einem wechselnden Umfeld sind ein weites Feld und mit dem Begriff „Gehen“ nur unzureichend beschrieben.

Gehen hat individuell verschiedene Muster und ist zudem von Umgebungsbedingungen beeinflusst. Schuhwerk oder Untergrund beeinflussen unser Gangbild. Das Gangbild muss im Detail beurteilt werden. Die Gehgeschwindigkeit ist der zentrale Messwert für die quantitative Ganganalyse. Der Mensch wählt instinktiv die Gehgeschwindigkeit die seine Motorik zulässt.

Die starke Verlangsamung der Gehgeschwindigkeit ist ein sicherer Hinweis auf ein pathologisches Geschehen. Die Schrittfrequenz bleibt, jediglich die Schrittlänge

nimmt ab. Eine gewisse Verlangsamung im Alter ist üblich. Der Mensch ist auf eine Mindestgehgeschwindigkeit angewiesen um z.B. rechtzeitig zur Tür, zum Telefon, zur Toilette zu kommen. Ampeln sind in Deutschland auf eine Mindestgehgeschwindigkeit von 1,2 m/sec , in der Nähe von Altenheimen auf 1,0m/sec eingestellt.

Das Gangbild im Alter sieht so aus

  1. verkürzte Schrittlänge
  2. verringerte Geschwindigkeit
  3. längere Doppelstandphase= trippelnder Gang
  4. verringerte Kadenz= Schritthöhe
  5. verringerte Gelenkbewegung vor allem im Sprunggelenk
  6. verringerte Kraft des Abstoßes
  7. verringertes Abrollen des Fußes
  8. vorgebeugte Rumpfhaltung
  9. verringertes mitschwingen der Arme

Bei den Stürzen werden zwei Arten von Stürzen unterschieden

Der synkopale Sturz-durch verlust des Bewusstseins-Ohnmacht ect.

Der lokomotorische Sturz-durch eine äußere Ursache z.B. unebenes Pflaster oder Teppichkante.

10% aller Stürze sind syncopale Stürze

85% aller Stürze ergeben sich aus lokomotorischen Störungen

5% aller Stürze ereignen sich aus Überwältigenden äußeren Faktoren, die auch ein normaler gesunder Mensch mit intakter Gehfähigkeit erlitten hätte.

Ein älterer Mensch stürzt, weil Gehvermögen und Balance so vermindert sind, dass normale äußere Bedingungen zum Sturz führen.

Patienten mit Gehstörungen stürzen wiederholt bei gewohnten und üblichen Alltagsaktivitäten, die sie sonst im bisherigem Leben erfolgreich gemeistert haben z.B. Teppichkante.

Ältere Menschen stürzen, weil sie nicht mehr sicher aufstehen, stehen und gehen können wie früher.

Das Sturzrisiko ergibt sich aus vielen Faktoren

  1. verringerte Muskelkraft
  2. schlechtes Sehvermögen
  3. verlangsamte Reaktion

dann kommt die Teppichkante die 30 Jahre kein Problem war, bis heute, Resultat ist dann eine Fraktur mit OP und mehrere Tage im Bett, die wiederum zu Bewegungsarmut und Verschlechterung der Muskelkraft führt.

Hier droht dann die Pflegebedürftigkeit. Auch der Kreislauf und die seelische Situation verschlechtert sich.

Für diesen Zustand wird jetzt der Ausdruck multifunktionelle Gehstörung verwendet.

Man sollte also nicht warten bis ein alter Mensch schlecht geht und sich dadurch Frakturen zuzieht, sondern dann sollten gezielte Übungen helfen, all diese Ursachen zu bekämpfen und zu stabilisieren. In diesem Training, welches dann stattfindet wird dann

  1. die Kraft
  2. Ausdauer
  3. Koordination
  4. Balancefähigkeit
  5. Anpassung von Hilfsmittel
  6. Adaption des Wohnumfeldes
  7. absetzen von sturzfördernden Medikamenten wenn möglich

trainiert und erörtert.

Mit Anzahl der Risikofaktoren steigt auch die Anzahl der Stürze und die der Hüftfrakturen.

Wir wollen präventiv arbeiten, nicht warten, bis ein alter Mensch stürzt, sondern vorher die Sturzrisiken erkennen, messen und gezielt behandeln.

Im Hinblick auf Lokomotion und Stürze sind Schuhe die wichtigsten Kleidungsstücke. Festes Schuhwerk mit Kappe oder Riemen hinten ist ein muss, auch ausgetretene alte Schuhe eignen sich nicht für den älteren Menschen und sicheres gehen. Wichtig ist auch das Schuhe nachmittags anprobiert werden, da dann die Füße mehr geschwollen sind.

Auch beim anziehen der Strümpfe und Schuhe, gibt es Hilfen die dieses erleichtern.

Das Gangbild des Älteren Menschen weißt ganz oft eine verminderte Schritthöhe auf, dadurch bleibt die Fußspitze oft am Boden hängen.

Testung von Gehstörungen

 

  1. sichtlich unsicherer Gang
  2. Gehgeschwindigkeit sehr langsam
  3. Romberg 10 sec nicht möglich
  4. Semitandem 10 sec nicht möglich
  5. Tandemstand 10 sec nicht möglich oder unsicher

Kraftminderung

 

Aufstehen vom Stuhl ohne Armeinsatz nicht möglich oder es wird mehr als 11 sec Zeit für 5x aufstehen gebraucht

( Chair stand ups= Aufstehtest )

 

4 verschiedene Medikamente

 oder Medikamente mit nachgewiesener Erhöhung der Sturzgefahr

Positive Sturzanamnese

 3 und mehr nicht syncopale Stürze pro Jahr oder 1 Sturz mit schweren Verletzungen

Visusminderung

 Funktionell relevante Probleme

 Arthrosen, Kontrakturen, Muskelatrophien

ADL-Defizite oder Gebrauch von Gehhilfen oder zunehmende lokomotorische Verschlechterung

 Parkinson Syndrom oder bei Frauen Hypertheriose

 85 Jahre oder Älter, niedriger Body Mass Index oder bei Frauen Gewicht unter 45 kg

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